Samstag, 9. Juni 2012

WELT erwähnt »Perry Rhodan-Groschenhefte«


• • • Die Online-Redaktionen der beiden großen ZEIT und WELT scheinen sich einer Meinung zu sein: Deutsche Serien-SF ist minderwertige Literatur. So schlägt der WELT ONLINE-Autor Til Biermann - wenn auch nicht weit so heftig - in die gleiche Kerbe wie im August 2011 der ZEIT ONLINE-Autor Johannes Thumfart, der seinerzeit im Zuge eines Artikels über den Perry Rhodan-Dokumentarfilm den SF-Serienhelden (eine Monitorsendung aus dem Jahr 1969 aufgreifend) als »Ersatz-Hitler« bezeichnete.
• • • Es ist ein kleiner, vielleicht sogar belanglos zu nennender Artikel über einen Schauspieler, der (ebenso wie viele andere Menschen auf dieser Welt) am Leben und an sich selbst scheitert: Die paar Absätze über Birol Ünel, der 2004 in »Gegen die Wand« und 2009 in »Soul Kitchen« spielte, hinterlassen bei mir grundsätzlich das Gefühl, als hätte ein Autor von seinem Redakteur die Anweisung bekommen, einen Artikel über den Absturz eines an sich ganz begabten Schauspielers zu schreiben ... und mehr auch nicht, Boulevardthema auf WELT-Niveau halt. Eine bedeutungslose, kleine Episode aus der Welt der Filmemacherei. Wenn da nicht dieser eine Satz gewesen wäre, der meinem SF-Herzen beim Lesen einen Stich versetzte.
• • • Auf diesem Artikel und die darin enthaltende Erwähnung von »Perry Rhodan« bin ich überhaupt nur aufmerksam geworden, weil ich über einen Onlinesuchdienst nach neuen Artikeln rund um die größte Weltraumserie der Welt gesucht habe. Dabei wurde mir der vor drei Tagen online gestellte Artikel gemeldet, der den Satz erwähnt:
»Bis zu seinem Studium hat Birol Ünel nur "Perry Rhodan"-Groschenromane gelesen.«

• • • Abgesehen davon, dass der Begriff »Groschenheft« in Zeiten von Euro und Cent nur noch älteren Menschen überhaupt etwas sagt (und damit einen guten Teil potenzieller Leserschaft ausgrenzt), ist für Herrn Biermann offenbar das Lesen einer Romanserie ein geeignetes Synonym für die Beschreibung mangelhafter Bildung. Dem kann und werde ich mich nicht anschließen, denn »Perry Rhodan« ist weit mehr als bedeutungslose, unterhaltende Trivialliteratur, wie uns die versuhrkampten (Danke, Andreas!) Elfenbeinturm-Männer des Literaturbetriebs immer wieder weis machen wollen. Diese SF-Serie vermittelt Werte, erörtert (wie im übrigen die meisten SF-Romane) gesellschaftliche wie kulturelle Themen, informiert über Wissenschaftliches und unterhält dabei. Und das ist deutlich mehr, als Herr Biermann mit seinem Online-Artikelchen tut.
• • • Diese Onlinezeilen von Til Biermann (der offenbar ja gern mal über die Szene am Kottbusser Tor in Berlin oder als BILD-Reporter über so wichtige Themen wie teure Riesen-Hamburger oder die Grüne Woche schreibt) sind keinen wirklichen Aufreger wert - schließlich sind sie nichts anders ein Pseudosensationsartikelchen mit WELT-Label. Eine Erkenntnis jedoch können wir SF- und Perry-Geeks daraus ziehen: Wir müssen uns weiter, vielleicht künftig auch noch mehr anstrengen, die Science Fiction als ernstzunehmende Literaturgattung zu etablieren und damit die perpetuierte Einordnung (zum Beispiel durch BILD-Reporter in WELT-Anstrich) in die ewig gestrige Schund-Schublade zu beenden.
• • • Ach ja ... den Artikel findet Ihr hier.

1 Kommentar:

  1. Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob es so sinnvoll ist, die SF als ernstzunehmende Literaturgattung zu etablieren. Ich meine: Das wird jetzt seit dreißig Jahren mindestens versucht. Und das Ergebnis sind dieselben bescheuerten Artikel und Fernsehbeiträge wie in den 70er-Jahren.

    Vielleicht sollten wir uns einfach als die Deppen kostümieren, die man in uns SF-Fans und SF-Arbeitern sieht ... Dann geben manche trotteligen Journalisten endlich Ruhe.

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